Wer hat das entschieden?!?
Wir entscheiden täglich, hundertfach. Wir entscheiden Zufälliges, Belangloses, Relevantes und auch Existenzielles. Vielen von uns fallen Entscheidungen nicht immer leicht, und dennoch wollen wir es nicht anders. Entscheidungen treffen können ist Ausdruck von Autonomie, Gestaltungskraft und Selbststeuerung, schlicht von Freiheit! Soweit so gut, so lange diese Entscheidungen ausschliesslich uns selber betreffen. Bei Entscheidungen von Paaren oder Gruppen wird es komplizierter.
Erst recht in hierarchisch strukturierten Organisationen. Es sei denn, es handle sich um eine mit patronalen Strukturen und Top-Down-Führungskultur «Oben wird entschieden, unten wird ausgeführt!» Nicht erst in Zeiten von VUCA-World, systemischer Führung und Agilen Organisationen ist bekannt, dass dies weder zu inhaltlich besseren Lösungen noch zu hoher Umsetzungsqualität und schon gar nicht zu mehr Identifikation und Loyalität der Mitarbeitenden führt.
Vor allem in Expertenorganisationen ist der Anspruch der Basis, zumindest mitentscheiden zu können, bekannterweise gross. «Wenn es nicht von unten kommt, kann es nicht gelingen.» ist die verbreitete Meinung. Und wird dieser Erwartung nicht nachgelebt, ist nicht selten der Satz zu hören «Wer hat das entschieden?!?». Manchmal gepaart mit leicht erhobener Stimme und einer Mimik, die eine Mischung aus Verwunderung und Entsetzen zum Ausdruck bringt, sicher aber die Entschlossenheit, dieser Entscheidung entschieden entgegen zu treten …
Also doch lieber Bottom-Up? Als ob die Basis immer der gleichen anderen Meinung wäre als die Führung! Beobachtet man Teams bei Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen zeigt sich oft Erstaunliches. Gerade so als ob Verhaltensweisen bei Entscheidungsprozessen «der kleine Bruder» wären von solchen in Konflikten (vgl. Blake/Mouton, 1985). Innerhalb der Achsen «Orientierung an eigenen Interessen» und «Orientierung an den Interessen der anderen» sind alle Ausprägungen zu beobachten: die Harmonisierer und Anpasserinnen einerseits, die Konkurrenzierer und Droherinnen anderseits, die Enthalterinnen und Meinungslosen, die Ausgleicherinnen und Einmitter und zu guter Letzt auch die Konsenssucher und Lösungsmacherinnen. Vor diesem Hintergrund wage ich die Behauptung, dass bei kontrovers diskutierten basisdemokratischen Entscheidungen in Teams subtile gruppendynamische Prozesse und informelle Machtverteilungen letztlich ebenso bedeutsam sind wie rationale und sachlogische Argumente. Ist somit Bottom-Up besser als Top-Down?
Falsche Frage. Hier wie so oft gilt «sowohl-als-auch» statt «entweder-oder». Wir alle wissen, dass sachlich angemessene und gut organisierte partizipative Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse der Königsweg sind. Das bedeutet aber, dass die alte Erkenntnis «Führen heisst entscheiden» einer Ergänzung bedarf: «Führen heisst auch, Entscheidungsprozesse steuern». Leider ist nicht selten festzustellen, dass Führungspersonen diesem Thema zu wenig Bedeutung beimessen. Geleitet durch das Primat des zu klärenden Inhaltes wird die Frage der Entscheidungsmodalitäten nicht oder erst während des Prozesses geklärt oder – noch schlimmer – bei unerwünschten Entwicklungsverläufen unterwegs geändert. Diese Überlegungen führen mich zu folgender These:
Gestaltung von Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen in Organisationen
Die vorgängig transparente Klärung der Entscheidungsmodi vorab in Change-Prozessen stärkt die Kooperationsbereitschaft der Basis und reduziert zumindest den prozessbedingten Veränderungswiderstand. Über den zur Anwendung gelangenden Entscheidungsmodus entscheidet die Führung.
Das nachfolgende Modell ist gedacht als Arbeitsinstrument für die Führungspraxis.
Wie jedes Modell reduziert auch dieses die reale Komplexität. Dennoch ist es gerade in Organisationen mit grossem Partizipationsanspruch erfahrungsgemäss hilfreich, wenn es als Arbeitsinstrument eingeführt und in der Praxis angewendet wird. Wenn zudem – beispielsweise im Rahmen eines Rollenklärungsprozesses zwischen Führung und Basis – generell darüber diskutiert wird, welche Modi bei welchen Fragestellungen sinnvollerweise zur Anwendung gelangen sollen, trägt es zusätzlich zur Entwicklung der Organisationskultur bei.
Fazit? Bei anstehenden Entscheidungen in Organisationen liegen die Fragen «WAS wird entschieden?» und «WER entscheidet?» auf der Hand. Aus meiner Sicht sind sie stets mit der dritten im Bunde, mit der prozessgestaltenden Frage zu ergänzen: «WIE wird entschieden?»
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