Beraten im Tandem
Am Anfang dieses Beitrags stand die Idee, unseren Kundinnen und Kunden zu zeigen, warum wir vermehrt im Tandem oder im Team beraten und was der Mehrwert ist.
Auch im Cockpit arbeiten zwei Piloten oder Pilotinnen eng zusammen. Warum das so ist und was wir aus der Fliegerei für die Beratung im Tandem lernen können, wollte ich im Gespräch mit Peter Schäuble herausarbeiten. Er ist ehemaliger Kapitän bei SWISS und Edelweiss und war ein Arbeitsleben lang in der Luft. Als Fluglehrer und Ausbildner hat er sich intensiv mit der Zusammenarbeit im Cockpit befasst. Im Zentrum seiner Arbeit stand die stete Verbesserung der Sicherheit mit Fokus auf den menschlichen Faktor im Cockpit.
Früher waren es bis zu sieben Personen in unterschiedlichen Rollen im Cockpit. Doch die heutige Technik hat sie fast alle überflüssig gemacht, nicht aber den Co-Piloten oder die Co-Pilotin. Zwei Piloten machen weniger Fehler als einer, ist die einfache und schnelle Begründung für die Doppelbesetzung.
Anders als man annehmen könnte, geht es beim Fliegen nicht um Nulltoleranz bei Fehlern, sondern darum, die Systeme durch Redundanz fehlerfest zu gestalten. Fehler geschehen beim Fliegen wie anderswo auch. Der Umgang damit ist entscheidend sowie die Bereitschaft, daraus zu lernen. Lernen kann nur stattfinden, wenn niemand bestraft wird, wenn er oder sie einen Fehler meldet. Dieses Prinzip ist zentral und etwas, das in den meisten europäischen Ländern auch gesetzlich so geregelt ist.
Im komplexen Zusammenspiel von Wind und Wetter, der Technik, der Crew und den Passagieren lässt sich vieles, aber eben längst nicht alles, eineindeutig regeln. Daraus entsteht ein Freiraum oder eine Grauzone, in der Entscheidungen getroffen werden müssen. Was eine Person nicht sieht, fällt der anderen Person auf und wird von ihr (hoffentlich) angesprochen.
Was auf den ersten Blick einfach erscheint, ist es in der Praxis nicht per se. Im Cockpit gibt es zwischen der Kapitänin und dem Co-Piloten eine eindeutige Hierarchie mit klaren Verantwortungen. Dennoch müssen und können die allermeisten Entscheidungen gemeinsam besprochen werden. An sich eine paradoxe Situation; der Rang einer Person darf bei der Lösungsentwicklung keine Rolle spielen und dennoch trägt jemand die abschliessende Verantwortung. Der wohlwollend-kritische Umgang miteinander, bei dem Fehler oder Abweichungen vom Standardprozedere angesprochen werden, schützt vor gefährlichen Situationen. Fatale Fehler können durch die gegenseitige Beobachtung und das kritische Hinterfragen von Handlungen verhindert werden. Das Vier-Augen-Prinzip funktioniert dann, wenn beide Seiten das Recht und die Pflicht haben, jederzeit in Frage zu stellen, was gemacht wird. Die Hierarchie darf hier keine Rolle spielen.
In der Beratung stellen sich uns im übertragenen Sinn ähnliche Herausforderungen. Grössere Beratungsmandate, meist im Bereich der Organisationsentwicklung oder auch bei Konflikten, sind sowohl in der Struktur als auch inhaltlich komplex. Es bewährt sich, wenn ein Teil der Komplexität im Kundensystem auch im Beratungssystem abgebildet werden kann. Jemand arbeitet bspw. mit der Führung, die zweite Beratungsperson mit den Mitarbeitenden. Oder jemand berät die strategische Ebene, jemand anders die operative Führung. Die Beratungspersonen sprechen sich regelmässig ab und planen ihre Schritte parallel. Dafür lassen wir uns von unseren Kundinnen und Kunden gegenseitig von der Schweigepflicht entbinden.
Genauso wie im Cockpit ist das Vier-Augen-Prinzip wesentlich für ein gutes Ergebnis in der Beratung. In der Auswertung von Beratungsprozessen wird das besonders deutlich. Die unterschiedlichen Perspektiven von mehreren Beratungspersonen auf komplexe Themen und Fragestellungen ergeben ein umfassenderes Gesamtbild. Daraus können präzisere Interventionen generiert werden. Das ist letztlich effizienter trotz des grösseren Beratungsaufwands.
Nun fragen Sie sich vielleicht, ob Sie künftig immer zwei Beraterinnen oder Berater engagieren müssen. Die Antwort ist ein klares Nein. Fachliche Gründe gegen eine Beratung zu zweit oder im Team gibt es keine. Ein gewichtiges „Aber“ bleibt dennoch. Der Aufwand für ein Beratungsmandat muss wirtschaftlich verhältnismässig sein.
Beraten wir einzeln, haben wir andere Wege, das Vier- oder Viel-Augen-Prinzip zu nutzen. Wir haben unsere Intervisionen ausserhalb und unseren Fachaustausch innerhalb des Concentria-Netzwerks, wo wir uns gegenseitig anonymisiert unsere Mandate bei Bedarf vorstellen. Die Kolleginnen und Kollegen hinterfragen unsere Arbeit wohlwollend-kritisch und tragen dadurch dazu bei, die Qualität unserer Beratungsarbeit zu sichern und weiterzuentwickeln.
Peter Schäuble macht im Gespräch auf die Bedeutung der unterschiedlichen Sichtweisen der Geschlechter aufmerksam. Sie sei in der Fliegerei beispielsweise bei der Selektion von Pilotinnen und Piloten wesentlich. Wir machen diese Erfahrung auch in der Beratung und arbeiten deshalb in der Regel in geschlechtergemischten Teams. Die unterschiedlichen beruflichen Hintergründe und beraterischen Schwerpunkte in unserem interdisziplinären Netzwerk ermöglichen es uns, ein für Kundinnen und Kunden und mit Blick auf den Auftrag passendes Beratungstandem/-team zur Verfügung zu stellen. Wie im Cockpit wird jemand den Lead übernehmen. Anschliessend leben wir eine flache Hierarchie, weil wir überzeugt sind, in der Zusammenarbeit auf Augenhöhe den besten Mehrwert stiften zu können.
„Der Beratungsbedarf an unserer Schule entstand aus den Bedürfnissen zweier unterschiedlicher Gruppen. Dank der transparenten und zugleich diskreten Abstimmungen der beiden Organisationsberater wurde der Prozess jederzeit professionell begleitet.“
Riccardo Rizza, Leiter Bildung Schule Hinwil
Stieg ich in der Vergangenheit in ein Flugzeug ein, prüfte ich mit einem Blick durchs Cockpitfenster, wer fliegen wird. Immer kam ich zum Schluss, da sind zwei vertrauenswürdige Menschen am Werk. Viel anderes blieb mir ohnehin nicht übrig. Künftig wird es ein systemischer Gedanke sein. Es ist die transparente Kommunikation unter den Pilotinnen und Piloten, die die Qualität und einen sicheren Flug ausmachen.
Angeregt durch die Qualitäten der Zusammenarbeit im Cockpit sind wir weiter überzeugt, dass der Ansatz, zu zweit oder im Team zu beraten, für unsere Kundinnen und Kunden ertragreich und gewinnbringend ist. Deshalb schlagen wir das, wo es uns aus beraterischer Sicht angezeigt und zielführend scheint, vermehrt vor.
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