Vom Umgang mit Zwickmühlen
«Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.»
(Karl Valentin)
Ambivalenzen im Alltag
Vermutlich hat Karl Valentin das Ambivalenzkonzept (vgl. Gunther Schmidt, 2013) nicht gekannt. Gleichwohl bringt sein Zitat unsere inneren Zwickmühlen so zum Ausdruck, dass wir darüber schmunzeln mögen. Im Alltag vergeht uns das Schmunzeln manchmal, wenn wir so hin und her gerissen sind, dass wir den Eindruck haben, an einer chronischen Lähmung unserer Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit zu leiden oder aber völlig hyperaktiv zwischen den Optionen hin und her irren und damit nicht nur uns, sondern auch unser Umfeld verrückt zu machen drohen.
Das innere Team
Wir sind uns in der Regel nicht bewusst, dass wir ständig eine Art innere Selbstgespräche führen, in denen unsere verschiedenen Persönlichkeitsanteile miteinander in Verhandlung stehen. Wir können uns diese Persönlichkeitsanteile (die wir alle haben, ohne schizophren zu sein!) vorstellen, wie eine Art Team, Mannschaft oder ein Parlament. In der Regel ist das ein recht heterogener Club mit unterschiedlichsten Ansichten, Bedürfnissen und Strebungen. Wie in jedem Team oder in jeder Mannschaft werden die Diskussionen hitzig bis destruktiv, wenn nicht eine Gesprächskultur etabliert werden kann, bei denen die divergierenden Meinungen gehört, nachvollzogen und abgewogen werden. Bekanntlich gelingt das in grösseren Gruppen in der Regel nur unter umsichtiger und kompetenter Leitung. In Anlehnung an Gunther Schmidt kann auch unser ständiger innerer Dialog nur dann konstruktiv gestaltet werden, wenn wir eine Art „innere Steuerungsinstanz“ etabliert haben, die dafür sorgt, dass nicht die lautesten Stimmen dominieren und die leiseren überhört werden. Meist sind es die lautstarken Stimmen, die von uns noch mehr Anstrengung, noch mehr Tempo und noch mehr Perfektion verlangen, selbst wenn wir die Grenze zur Selbstausbeutung schon längst überschritten haben.
Da haben die leisen Stimmen in uns, die vielleicht nach Besinnung, Erholung oder echtem Kontakt verlangen, meist eine geringe Aussicht, gehört zu werden. Gerade in Krisensituationen, wenn plötzlich gar nichts mehr geht, werden wir oft schonungslos mit den Folgen dieses Überhörens konfrontiert.
Steuerungsinstanz
Es wäre aber auch zu kurz gegriffen, wenn wir einfach dem „Weichei“ in uns das Ruder überlassen würden. Im Coaching zeigt sich meist deutlich, dass keine der inneren Stimmen für sich allein geeignet ist, das Steuer zu übernehmen. Aber jeder unserer Persönlichkeitsanteile ist für etwas kompetent und versucht mit seinen Mitteln, uns zu schützen. «Mir war nicht klar, dass mein gnadenloser innerer Kritiker mich davor bewahren will, dass ich nachlässig werden könnte. Bis jetzt war er für mich lediglich ein Quälgeist, der mich permanent unter Druck setzte.» Die Aussage eines Klienten verdeutlicht, dass es nicht darum geht, innere Sklaventreiber oder notorische Nörgler ruhig zu stellen oder gar zu verbannen. Das liessen sich diese auch keinesfalls bieten und würden höchstens die Strategie ändern, um sich durchzusetzen. Es geht also vielmehr darum, mit unseren verschiedenen Persönlichkeitsanteilen – auch den vermeintlich lästigen – zu kooperieren und sie für unsere echten Ziele nutzbar zu machen. Nur, wer soll die Definitionsmacht für unsere echten Ziele erhalten, angesichts unserer inneren Heterogenität? Gunther Schmidt spricht von einer «inneren Steuerungsinstanz», die in der Lage ist, einzuschätzen, was gut und förderlich für uns ist, ohne in egozentrische Muster zu verfallen. Diese innere Steuerungsinstanz zu entwickeln und zu etablieren ist unserer Erfahrung nach ein lohnendes Ziel im Coaching, damit wir – in Erinnerung an Karl Valentin – über unsere inneren Zwickmühlen schmunzeln können, statt uns davon lähmen oder aufreiben zu lassen.
Literatur zum Thema
- Schmidt, Gunter (2017);Liebesbeziehung zwischen Problem und Lösung; Verlag Carl Auer
- Schmidt, Gunter (2008); Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung; Verlag Carl Auer
- Schulz von Thun, Friedemann (2003); Kommunikationspsychologie für Führungskräfte; Rohwolt Verlag
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